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{"id":2112,"date":"2015-07-04T12:49:12","date_gmt":"2015-07-04T10:49:12","guid":{"rendered":"http:\/\/antje-biedermann.ch\/?p=2112"},"modified":"2017-08-08T20:56:10","modified_gmt":"2017-08-08T18:56:10","slug":"den-verstand-einpruegeln","status":"publish","type":"post","link":"http:\/\/antje-biedermann.ch\/?p=2112","title":{"rendered":"Bewegung oder Stillstand"},"content":{"rendered":"

Fotografiert am Bodensee, Schweizer Seite<\/em><\/p>\n

Wer Wissenschaft und Kunst besitzt,
\nhat auch Religion;
\nwer jene beiden nicht besitzt,
\nder habe Religion.<\/p>\n

Johann Wolfgang von Goethe<\/em><\/strong><\/p><\/blockquote>\n

Zum Unterschied zwischen\u00a0Philosophie und Religion\u00a0<\/u><\/p>\n

Es ist ein weit verbreitetes Missverst\u00e4ndnis, dass Religion und Philosophie als weitgehend deckungsgleich aufgefasst werden. Dieses Missverst\u00e4ndnis beruht im Wesentlichen auf zwei Punkten:<\/p>\n

1. die gemeinsame Geschichte von Philosophie und Religion bzw. Theologie sowie<\/p>\n

2. die stellenweise \u00dcberschneidung der Themen bzw. Inhalte.<\/p>\n

Vorab einige Begriffskl\u00e4rungen: Unter Glaube verstehe ich die Annahme, es gebe eine transzendentale Entit\u00e4t, sei diese Vorstellung deistischen Inhalts oder nicht. Unter Religion verstehe ich den institutionalisierten Glauben an diese transzendentale Entit\u00e4t. Theologie (bzw. Religionswissenschaft, um auch atheistische Religionen einzubeziehen) wiederum ist die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit menschlichen Ph\u00e4nomenen wie Religion und Glauben.<\/p>\n

Zu 1: Die gemeinsame Geschichte von Philosophie und Theologie ist unbestritten, sie reicht jedoch nicht weiter als dies auch bei der Philosophie und allen anderen Einzelwissenschaften der Fall ist. Die Philosophie, w\u00f6rtlich: Liebe zur Weisheit, ist historisch betrachtet nicht eine Disziplin unter vielen, sondern sie ist die Mutter aller Wissenschaften, die Ur-Wissenschaft an sich. Mindestens bis zum Rationalismus, d.h. zum Beginn der Neuzeit, und letztlich bis ins 19. Jahrhundert, in dem es zur endg\u00fcltigen Aufspaltung der Philosophie in Einzelwissenschaften kam, wurde unter dem Mantel der Philosophie schlichtweg alles verhandelt, was Menschen jemals erdacht, gedacht und bedacht haben \u2013 ganz egal, ob dies nun (sp\u00e4ter genannt) Psychologie, Biologie, Zoologie oder Astronomie und so weiter und so fort war.
\nHinzu kommt, dass unter den Philosophen, heute w\u00fcrde man besser sagen: Universalgelehrten, lange Zeit nahezu ausschliesslich Angeh\u00f6rige des Klerus waren \u2013 ganz einfach deshalb, weil nur sie Zugang zu Bildung und Schrift hatten, so dass es aus heutiger Sicht so scheint, als seien Philosophie und Theologie auch der Sache nach ineinszusetzen \u2013 statt nur der historisch-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nach.
\nTats\u00e4chlich gab es jedoch zu allen Zeiten Philosophen, welche die Weisheit liebten, ohne dabei religi\u00f6s oder theologisch motiviert zu sein. Insbesondere im Zuge der Aufkl\u00e4rung gab es sogar zunehmend Denker, die es mit der \u201eLiebe zur Weisheit\u201c f\u00fcr \u00fcberhaupt unvereinbar hielten, an eine transzendentale (1) Entit\u00e4t zu glauben \u2013 die also einen Hiatus zwischen Mythos und Logos lokalisierten und dies immer vehementer problematisierten. Sp\u00e4testens mit der bereits erw\u00e4hnten Abspaltung in Einzelwissenschaften kam es im Gefolge zur auch formalen, grundlegenden Geschiedenheit von Theologie und Philosophie, und diese ist bis heute der Status quo.<\/p>\n

Zu 2: Partielle inhaltliche \u00dcberschneidungen zwischen Religion bzw. Theologie und Philosophie sind nicht von der Hand zu weisen, finden sich jedoch in gleicher Weise auch in der N\u00e4he der Philosophie zu anderen Einzelwissenschaften, die aus ihr entstanden sind, wie zum Beispiel Politik(-wissenschaften), Soziologie, Psychologie, Astronomie (Kosmologie), Physik, Biologie und neuerdings zunehmend auch Ethologie und Zoologie.
\nEine grundlegende Gemeinsamkeit zwischen Philosophie und Religion bzw. Theologie wird gemeinhin darin verortet, dass sich beide Disziplinen mit den sogenannten grossen Fragen der Menschheit (2) befassen. An diesem Punkt komme ich nun zum Kern meiner \u00dcberlegungen: Tats\u00e4chlich befassen sich beide Disziplinen zum Teil mit denselben bzw. \u00e4hnlichen Fragen, dies ist jedoch nicht das Entscheidende: Die grundlegende Geschiedenheit von Religion und Philosophie liegt n\u00e4mlich keineswegs in den Fragen oder Themen begr\u00fcndet, sondern vielmehr einzig und allein in der Art ihrer Antworten darauf.
\nIch m\u00f6chte dies n\u00e4her ausf\u00fchren: Es gibt seit L\u00e4ngerem eine teils heftige Debatte dar\u00fcber, ob es eine religi\u00f6se und eine s\u00e4kularisierte Vernunft gibt bzw. ob gl\u00e4ubige Menschen \u00fcberhaupt f\u00fcr sich in Anspruch nehmen k\u00f6nnen, \u201evern\u00fcnftig\u201c zu denken (denken zu k\u00f6nnen), damit gemeint ist in diesem Fall nicht \u201emystisch\u201c, sondern \u201erein rational\u201c zu denken. (3)<\/p>\n

Aus meiner Sicht geht diese Debatte jedoch am Kern des Problems vorbei: Seit dem franz\u00f6sischen Poststrukturalismus wurde der philosophische Diskurs um einen grundlegenden Aspekt bereichert: n\u00e4mlich um die fundamentale Kritik am Logozentrismus (4) \u2013 f\u00fcr viele Diskursteilnehmer war und ist das bis heute ein Affront, greift diese grundlegende Absage doch ins Zentrum dessen, was f\u00fcr die meisten Menschen das Menschsein ausmacht: n\u00e4mlich die vollumf\u00e4ngliche Teilhabe des Menschen am Logos, dies in Abwertung zum angeblich rein triebhaften Tier. Ein entsprechend hohes Mass an Verzweiflung, Scham, gekr\u00e4nkter Eitelkeit und Tabuisierungsversuchen umgibt durch alle Jahrhunderte hindurch die so verschm\u00e4hten, nichtsdestoweniger aber vorhandenen sogenannten, \u201etierischen\u201c Anteile des Menschen.
\nDies jedoch nur am Rande. F\u00fcr den vorliegenden Zusammenhang ist Folgendes von Bedeutung: Ob und wie und unter welchen Bedingungen der Mensch vernunftbegabt ist bzw. genauer gesagt: ob und wie und unter welchen Bedingungen den Menschen \u00fcberhaupt eine so genannt \u201erein rationale\u201c Erfahrbarkeit oder auch nur Wahrnehmung der Welt gegeben oder m\u00f6glich werden k\u00f6nnte, steht immer noch und sogar mehr denn je zur Verhandlung. (Von den Dekonstruktivisten wird dies rundheraus bestritten.)
\nDie Pointe dabei ist, dass diese Vernunftskepsis gleichermassen f\u00fcr gl\u00e4ubige wie f\u00fcr nichtgl\u00e4ubige Menschen gilt. Das bedeutet: \u00dcber die angeblich \u201eun\u00fcberwindbare\u201c Kluft zwischen atheistischen \u201eVern\u00fcnftigen\u201c und religi\u00f6sen \u201eUn-Vern\u00fcnftigen\u201c, zwischen Wissenschaft und Glauben, zwischen Logos und Mythos muss, kann und braucht in keiner Weise gestritten werden \u2013 denn diese Kluft existiert schlichtweg nicht. Der Logos an sich \u2013 genauer gesagt: der Glaube an den Logos \u2013 ist vielmehr selbst der Mythos \u2013 und zwar der wirkm\u00e4chtigste \u00fcberhaupt.
\nDies vorausgesetzt, wird der Blick frei daf\u00fcr, weshalb die Geschiedenheit von Religion bzw. Theologie und Philosophie nicht in der Wahl der Themen bzw. Fragestellungen begr\u00fcndet liegt, sondern vielmehr in der Art der Antworten: Eine atheistische oder agnostische Herangehensweise an die sogenannten grossen Fragen der Menschheit ist wie gesagt per se nicht \u201evern\u00fcnftiger\u201c oder \u201eweniger vern\u00fcnftig\u201c als eine religi\u00f6s motivierte. Sie basieren jedoch auf fundamental unterschiedlichen Annahmen \u2013 was zu entsprechend fundamental unterschiedlichen Antworten und Herangehensweisen f\u00fchrt.<\/p>\n

Wir hatten eingangs gesagt, dass Glaube die Annahme einer transzendentalen Entit\u00e4t beinhaltet und die Religion die Institutionalisierung des Glaubens ist. Diese Annahme kann, muss aber keineswegs deistisch sein, um folgende wesentlichen Funktionen von Glauben sowie der Institution Religion zu erf\u00fcllen: Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz an sich, Sinngebung f\u00fcr den Einzelnen \u2013 und dies bedeutet: die Vorstellung einer Aufgehobenheit in einer universalen Struktur, Ordnung, Regelhaftigkeit. Wohingegen sich eine Welt ohne diese Annahme durch das Gegenteil auszeichnet: durch Chaos, Zufall und Sinnlosigkeit.
\nVon Hannah Arendt stammt der Ausdruck \u201eDenken ohne Gel\u00e4nder\u201c. Denken ohne metaphysisches Gel\u00e4nder meint, auf diese Vorstellung einer Aufgehobenheit und Sinnhaftigkeit in kategorischer Weise zu verzichten \u2013 ein radikaler und folgenschwerer Verzicht, der \u00fcber den religi\u00f6sen Zweifel in ganz grundlegender Weise hinausgeht.
\nEs liegt auf der Hand, dass von einem solchen Standpunkt aus in ganz entscheidender Weise anders gedacht werden kann und werden muss als dies der traditionelle Blickpunkt je einfordern k\u00f6nnte. Metaphysikfreies Denken erm\u00f6glicht Denkr\u00e4ume, die teils weiter, teils (aus religi\u00f6ser Sicht) enger, teils versteckt, teils g\u00e4nzlich unauffindbar und so gut wie immer widerspr\u00fcchlich, ungekl\u00e4rt und instabil sind.
\nWahrheit, Ewigkeit, Fatum, Determination (f\u00fcr den Einzelnen) und Eschatologie f\u00fcr das Schicksal der Menschheit sind nicht zu haben \u2013 die Leibnizsche Vorstellung von der besten aller m\u00f6glichen Welten zerrinnt in den H\u00e4nden, je radikaler nachgedacht wird. Und radikal kann dem Wortsinn nach nur dann nachgedacht werden, wenn auf den Grund und Boden, auf die Wurzel (radix) verzichtet wird \u2013 wenn dies zumindest versucht wird.
\nAuf eben diesen ernsthaften Versuch aus dem, kantisch gesprochen, \u201edogmatischen Schlummer\u201c zu erwachen, kommt es an, und zwar gilt dies unabh\u00e4ngig von der selbstredend vorliegenden Aporie, die dem Satz \u201eEs gibt keine absolute Wahrheit\u201c anhaftet, indem er ja in sich den Anspruch tr\u00e4gt, es gebe doch eine absolute Wahrheit (5) Es kommt auf die Ernsthaftigkeit des Versuchs an, den gewohnten, scheinbar sicheren Denkboden verlassen zu wollen \u2013 nicht auf die widerspruchsfreie Verwirklichung und Vollendung des Unterfangens.<\/p>\n

Solche Aporien sind insbesondere in der Sprachphilosophie bzw. Sprachkritik hinreichend bekannt. Auch hier ist die Richtigkeit der \u00dcberlegung vom Auftreten einer Aporie unber\u00fchrt, sofern dieser Widerspruch nicht \u00fcbersehen, sondern thematisiert wird. Eben dieser denkerische Bodenverlust, diese Ent-wurzelung aus der Sinnhaftigkeit und Aufgehobenheit verunsichert in einer Weise, die von den meisten Menschen kaum ausgehalten wird. Philosophie bedeutet f\u00fcr mich jedoch genau dies: die Unsicherheit aushalten. Der Verlockung vermeintlicher Sicherheiten widerstehen. Sich um Sicherheit in der Unsicherheit zu bem\u00fchen \u2013 gerade indem die allgegenw\u00e4rtige Unsicherheit erkannt und anerkannt wird. Egal wie fruchtbar oder konstruktiv \u2013 geschweige denn tr\u00f6stlich und sinnstiftend \u2013 dieser Weg auch sein mag: Entscheidend ist, dass nur so bis an die Grenzen des menschlichen Verstands gedacht werden kann \u2013 und dies ist n\u00f6tig, denn die Grenzen des menschlichen Verstands sind weit enger gesteckt als dies gemeinhin wahrgenommen wird. Und in eben dieser typisch menschlichen Selbst\u00fcbersch\u00e4tzung wurzelt viel, wenn nicht gar alles Elend der Welt.
\nIch denke, es erhellt nun, weshalb ich ein gemeinsames Unterrichten sowohl von Religion und Philosophie als auch der Fachdidaktik in beiden Disziplinen f\u00fcr wenig hilfreich erachte: Zu grundlegend unterschiedlich sind die Denkumgebungen und -untergr\u00fcnde, auf deren Basis \u2013 ob vern\u00fcnftig oder nicht, tut wenig zur Sache \u2013 nachgedacht wird.
\nAuf diese Weise erhellt, weshalb\u00a0der Versuch einer Verst\u00e4ndigung\u00a0zwischen Religion und Philosophie in ganz grundlegender Weise von Missverst\u00e4ndnissen gepr\u00e4gt ist. Denn es werden \u00dcberlegungen von Seiten der Religion allzu schnell und allzu oft als Wertungen eingestuft und mit Kritik verwechselt, wo\u00a0doch lediglich analysiert, nicht ideologisiert wird. Wenn Glaube dogmatisch gefasst wird, kann der Versuch eines ideologiefreies Denken nicht anders als ebenso dogmatisch aufgefasst werden. Hinzu kommt, dass sich das Denken ganz allgemein aufgrund erheblicher politischer, religi\u00f6ser und kultureller Konflikte (genauer: einer Verschr\u00e4nkung von all dem) immer st\u00e4rker in ein Pro- und Contra-Denken verwandelt, in eine Lagerhaltung und Lagerhaftigkeit, welche eine Position des Dazwischen, eine abw\u00e4gende Einerseits-Andererseits-Grundhaltung verunm\u00f6glichen. Stattdessen kommt es zu Reflexen, zu Ping-Pong-Effekten zwischen (vermeintlichen) Polen.
\nDem gegen\u00fcber steht zur\u00fcckgedr\u00e4ngt die alternative Denkm\u00f6glichkeit, n\u00e4mlich weder dem einen noch dem anderen Lager anzugeh\u00f6ren, weder an den Glauben zu glauben noch an die Religion noch an die Vernunft noch an die Wissenschaft, also das Maximum an Unsicherheit aushalten zu m\u00fcssen \u2013 in einer Welt, die immer unsicherer wird. Und die deshalb nach immer mehr statt weniger Sicherheit im Denken ruft.<\/p>\n

Zusammenfassend m\u00f6chte ich konstruktiv schliessen: Die Kluft zwischen Religion und Philosophie besteht, allerdings nicht in Bezug auf die Frage nach der Vernunftf\u00e4higkeit, sondern in Bezug auf das Denkklima und die Denkumgebung, also den Boden, auf dem die Antworten gesucht und gegeben werden. Die Kluft ist insofern noch wesentlich gr\u00f6sser als gedacht, denn es k\u00f6nnte wohl keinen gr\u00f6sseren Unterschied geben zwischen Denkr\u00e4umen, die grundlegend alles in Zweifel zu ziehen \u2013 bis hin zum Boden, auf dem gedacht wird \u2013 und den althergebrachten Denkmustern, die keine R\u00e4ume sind, sondern \u00fcberhaupt nur Boden bilden; die also dergestalt selbstreferenzielle, man kann sagen: zirkelhafte Denksysteme sind, indem sie den Erhalt, die Sicherheit und die Stabilit\u00e4t des Systems selbst zum Ziel und Zweck haben. W\u00e4hrend auf der einen Seite also die Ordnung (5) verwaltet und verteidigt und damit gefestigt wird, hat die andere Seite zum Ziel, die Ordnung(en) im Kern aufzul\u00f6sen, ihnen ihre Legitimation zu entziehen, um danach vielleicht eine neue Ordnung, bestenfalls aber gar keine Ordnung zu setzen.
\nEine Verst\u00e4ndigung \u00fcber all dies ist m\u00f6glich \u2013 jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sowohl die F\u00e4higkeit als auch die Bereitschaft zum Denken ohne Gel\u00e4nder gegeben ist, und ein Diskurs auf der Metaebene nicht als zuf\u00e4lliges Nebenprodukt, sondern als eigentlicher Sinn und Zweck der \u00dcbung betrachtet wird. Weil das gel\u00e4nderfreie Denken jedoch eine Bedrohung f\u00fcr jegliche Ordnungen darstellt, w\u00e4hrend gleichzeitig eine allumfassende Sehnsucht nach Ordnungen vorherrscht, ist ein solches Denken so \u00fcberaus selten.<\/p>\n

Fussnoten
\n(1) Ich verwende den Begriff Transzendenz hier nicht im kantischen Sinn, sondern in der urspr\u00fcnglichen Bedeutung der Weltjenseitigkeit.<\/em>
\n (2) Wo kommen wir her, wo gehen wir hin, was ist der Sinn des Lebens etc.<\/em>
\n (3) Vgl. dazu u.a. die entsprechenden Schriften von J\u00fcrgen Habermas, Charles Taylor sowie Bertrand Russell und Kurt Flasch (beide unter dem Titel \u201eWarum ich kein Christ bin\u201c) sowie Gert Scobel: Der Ausweg aus dem Fliegenglas. Wie wir Glauben und Vernunft in Einklang bringen k\u00f6nnen (Frankfurt a.M. 2010).<\/em>
\n (4) So insbesondere bei Jacques Derrida.<\/em>
\n (5) Vgl. den Begriff der Ordnung bei Bernhard Waldenfels<\/em>.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

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